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I.
| Demos
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| A U D I O |
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| mp3 | ferner gesang 1 | ferner gesang 2 |
Wenn du in diesen modernen durchsichtigen Bau eingetreten ist, umschließen die gläsernen Wände dich mit der Unerbittlichkeit, mit der man in eine Raumkapsel steigt: die Welt bleibt draußen, du erlebst eine Fahrt in unbekannte Dimensionen.
Die hinten Stehenden hören Geräusche, Schritte? Schritte, die einen Rhythmus auf den Zementfußboden malen, Schritte, die sich aufeinander beziehen könnten, die ein Muster abschreiten und von Menschen mit Instrumentenkästen erzeugt werden. Vier Menschen mit Instrumentenkästen und tönenden Schritten durchdringen die Wartenden und gehen durch sie hindurch. Als die wartenden, erwartenden Menschen die Eingangshalle erreicht haben, sehen sie vier Instrumentalisten spielbereit aufgereiht hinter den Garderobentresen. Zwei Geigen, eine Viola, ein Cello beginnen ein zartes Gespräch. Ihre Sprache ist fremd, aber ihre Gestik ist so anrührend. Wir glauben ihre Gefühle zu verstehen. Wir möchten ihre Sprache lernen. Die Viola trennt sich von den drei anderen und wagt sich in die Menschengruppe. Ihre Rufe sprechen uns an. Vielleicht möchten wir sie beschützen.
Wir betreten wieder eine bekannte Struktur, das Theater mit den roten Sitzen, dem steilen Rang, der darüber schwebt und dem Bühnenraum. Jetzt dürfen wir einen ungeheuren Perspektivwechsel erleben: WIR sitzen auf der Bühne, schauen ins Publikum und sind doch die Passiven, die Lauschenden. Zwei Geigen suchen sich mit ihren Tönen, finden sich in diesem Riesenraum, werden auch gefunden von Viola und Cello weit hinten in der Beleuchtungskammer, unendlich weit hinter einer Milchglasscheibe. Überraschend als wir uns mit unseren Stühlen umdrehen und in den Bühnenhintergrund blicken. Da sitzt ein Streichquartett, hat sich wiedergefunden, hat einen Raum gefunden und findet dichte Tonreihen, und gibt uns Hörern ein stabiles statement von seiner Existenz. War dies ein Klangbeweis ihrer irdischen Existenz, so geht es nun in die Werkstatt ihrer materiellen Grundlage. In der Theaterwerkstatt zeigen Bewegung und Töne, dass Holz und Metall die Basis für esoterische, für gefühlte Gespinste, für Geist und Form ist. Die Grenze zwischen Tönen und Geräuschen wird spürbar und erträglich, weil sie den ursprünglichen Zusammenhang vor Augen führt.
Wir finden uns dann in einem spiralförmig aufsteigenden Treppenhaus, Unsere Reise geht weiter aufwärts, in den Himmel? Ins Nirwana? Die Irdischen nennen es ‚Skylobby’. Ein Fugato bringt uns wieder zurück in die Welt der schon erkennbaren musikalischen Form. Hochkomplex und grandios gespielt, erinnert es uns aber doch an die Welt, die wir hier erwartet hätten. Ein Gruß von ‚Zuhause’? Nein, wir sind in der Welt jenseits der Erdanziehung. Es gibt kein ‚oben’ oder ‚Unten’ mehr, es gibt vier Streicher, die auf dem Rücken liegend eine Vision von Schwerelosigkeit vermitteln, wenn ihre Musik in einen Raum hineingespielt wird, der keine Wände zu haben scheint, nur noch nach oben ‚offen’ ist.
Auch wir geben allmählich unsere altbekannten Dimensionen auf. So Vieles ist möglich. |